Vor einem Monat kam Alex mit einem Podcast-Tipp um die Ecke, der uns seitdem nicht mehr loslässt: Ihr Cousin Matthias hat eine Dokuserie namens „Wendehausen“ gemacht. Es geht um das Leben im Zonenrandgebiet, auf beiden Seiten der Grenze, damals in Ost und West. Wir haben die Folgen im Mallorca-Urlaub mit den Kids im Auto gehört, jede Fahrt ein Stück weiter. Die Serie war so spannend, dass Ute und ich direkt ebenfalls ins Erzählen kamen – klar, auch wir haben da unsere Geschichten aus unserer Jugend.
Meine Mutter ist ja quasi direkt an der Grenze in Nordhessen groß geworden und wenn ich meine Großeltern besucht habe, hieß es immer: „Komm, wir fahren gucken.“ Da stand ich dann mit meinem Opa, und er hat rübergeschaut, sich gefragt, wie „die da drüben“ wohl leben. Die Grenzer hat er verflucht, weil sie die Menschen davon abgehalten haben zu gehen. Für Opa sollte eine Grenze eigentlich vor Gefahren von außen schützen, nicht die Menschen einsperren. Leider hat er die Wende nicht mehr erlebt, das macht die Erinnerungen für mich noch mal intensiver.
Jetzt sind wir dann mit Alex zu ihren Eltern nach Wendehausen gefahren und sind am Grünen Band entlanggewandert. Wir haben uns alte Agentenschleusen und den Wachturm angeschaut und immer wieder Alex‘ Vater zugehört, der uns als Zeitzeuge erzählte, wie es damals wirklich war. Das war kein gewöhnlicher Besuch: Alex‘ Papa hat das Museum zusammen mit dem Heimatverein Wendehausen über Jahre im Ehrenamt aufgebaut – mit so viel Liebe, dass es eine echte Empfehlung für alle Familien ist! Für die Kids sind diese Geschichten total wichtig, da sie in der Schule ja traditionell irgendwo im Römischen Reich oder im Mittelalter rumgeistern. Wie nah Geschichte eigentlich ist, das zeigt diese Gedenkstätte.
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Hier kann man übrigens auch unheimlich gut wandern. Das Grüne Band zieht sich wunderschön durch die Landschaft, und die Natur hat sich die ehemalige Grenze Stück für Stück zurückerobert. Es ist einfach krass, diese Wege entlangzugehen und die Geschichte auf sich wirken zu lassen.
Ach ja: auf der Hinfahrt durch Nordhessen gab es dann noch einen unerwarteten Nostalgiebonus für die Kids. Ich habe ihnen total viel aus meiner Jugend erzählt – von den Kirschköniginnen in Witzenhausen bis hin zur Aalen Wurscht aus Großalmerode.
Der Podcast ist wirklich eine Empfehlung für alle, die Lust auf echte Geschichten haben. Hört ihn mit den Kindern, redet danach über die Zeit – man versteht die Dinge oft erst, wenn man sie von jemandem erzählt bekommt, der sie miterlebt hat. Und weil das hier ja auch eine kleine Musikbox ist, mussten natürlich passende Songs her. Ich hab den Kindern zwei Lieder vorgespielt, die mir sofort zu der Zeit und dem Thema eingefallen sind. Beides sind musikalische Zeugnisse der Wendezeit und – kleiner Scherz – fanden bei meinen Jungs wenig Begeisterung. Aber gut, „Wind of Change“ von den Scorpions, die Hymne des Aufbruchs, und „Freiheit“ von Westernhagen, das wie kein anderer Song das Gefühl nach der Wiedervereinigung beschreibt, gehören einfach dazu.
Zum Abschluss noch ein Zitat, das alle im Stadion mitbrüllen: „So wie wir alle hier“. Denn „wir alle“ ist bis heute das schönste Ergebnis der Wende – sonst hätte (s)ich viele Freundinnen und Freunde nie getroffen.
Etwas mehr Kontext!
Wendehausen
„Wendehausen“ ist eine Dokuserie, die das Leben im ehemaligen Zonenrandgebiet beleuchtet. Mit Zeitzeugenberichten wird der Alltag und die Trennung zwischen Ost und West lebendig dargestellt. Besonders spannend für alle, die mehr über die geteilte deutsche Geschichte erfahren wollen.
Das Grüne Band
Das Grüne Band ist ein ehemaliger Grenzstreifen, der sich in eine Naturzone verwandelt hat und sich über 1.400 km durch Deutschland zieht. Heute kann man entlang dieser Route wandern und Spuren der Vergangenheit entdecken. Es ist ein Ort der Erinnerung und der Begegnung mit der Geschichte – ideal für einen Ausflug, um die Zeit der Teilung besser zu verstehen.
Die Grenze
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